Benötigen eingebettete Systeme einen besonderen Stellenwert beim Schutz der IT-Systeme?
Cyberangriffe auf die Embedded-System-Branche
Warum ist Embedded Security ein so wichtiges Thema?
Prof. Dr.-Ing. Axel Sikora: Die Sicherheit von IT-Systemen ist ja schon außerordentlich wichtig, um die klassischen Schutzziele wie Vertraulichkeit, Identität, Authentisierung und Autorisierung zu gewährleisten und damit Daten und Informationen zu schützen. Embedded Systeme übernehmen darüber hinaus oft auch Steuerungsaufgaben. Wenn dann die Datensicherheit, die so genannte Security, kompromittiert wird, dann kann oft auch die funktionale Sicherheit, die Safety, beeinträchtigt werden. In der Folge können Maschinen und Anlagen übernommen, Autos ferngesteuert oder Kraftwerke heruntergefahren werden.
Dass solche Angriffe nicht nur theoretisch möglich sind, zeigen zahlreiche Beispiele aus der Szene. Und gerade in Zeiten gestiegener politischer Spannungen und kriegerischer Auseinandersetzungen können diese Risiken nicht hoch genug einschätzt werden. Und dies gilt nicht nur für die so genannte kritische Infrastruktur (Kritis), sondern auch für viele nachgelagerte Anwendungen aus der Industrie, der Verkehrstechnik, der Umwelttechnik, der Smart Cities, der Smart Homes und Smart Buildings und vielen weiteren Beispielen.
IT-Security für eingebettete Systeme
Wie kann man Embedded-Systeme erfolgreich vor Cyberattacken schützen?
Prof. Sikora: Um die Sicherheit von Embedded Systemen zu gewährleisten, ist gleich eine Vielzahl von Anforderungen zu erfüllen, die über die herkömmlichen IT-Security-Maßnahmen hinausgehen:
- Trotz der deutlichen Steigerungen in der Systemleistung verfügen viele Embedded Security immer noch über deutlich beschränkte Ressourcen. Dies bringt einerseits immer wieder technisch sehr herausfordernde und für mich außerordentlich reizvolle Herausforderungen mit sich, um die notwendigen Maßnahmen trotz der beschränkten Ressourcen umzusetzen. Andererseits ist zu beobachten, dass sich im Gegensatz hierzu die Leistungsfähigkeit der angreifenden Systeme immer weiter steigert … potenziell bis hin zur Nutzung von Quantencomputern. Da muss sich der David sehr gut gegen den Goliath verteidigen! Dabei bringt die Vernetzung mit dem Internet eine zusätzliche Angriffsfläche, weil diese große Rechenleistung von der Ferne aus zum Einsatz gebracht werden kann.
- Viele der Embedded Systeme befinden sich „im Feld“. Dies bedeutet, dass sie nicht durch physische Sicherheitsmaßnahmen, wie Zugangsschutz in ein Datencenter, geschützt werden können. Zu den Remote-Angriffen kommt also auch eine neue Klasse von physischen Angriffen hinzu.
- Beide Aspekte werden dadurch verstärkt, dass viele Anwendungen, die Embedded Systeme nutzen, sehr lange Lebenszyklen haben. In der Industrieautomation oder in der Verkehrstechnik sind da mehrere Jahrzehnte keine Seltenheit. Wir müssen also beim Entwurf schon heute mögliche Cyber-Angriffe aus den Jahren 2050 oder 2060 antizipieren. Um im Bild zu bleiben, wächst Goliath über die Zeit weiter, während David so klein bleibt. Er muss also umso intelligenter werden!
Es kommen einige weitere Aspekte hinzu, aber dazu bräuchte ich mindestens eine Vorlesungsstunde, um das detailliert zu erläutern.