Vom Entertainment-System bis zur Echtzeitdiagnose
Zentralrechner übernimmt Diagnose-, Kommunikations- und Überwachungsfunktionen
Fahrgäste erwarten heute, dass sie ihre Smartphones, Tablets oder Laptops auch auf der Bahnreise durchgängig online nutzen können. Auch Entertainment-Systeme wie das ICE-Portal mit Filmen und E-Journals haben sich etabliert. Doch es gibt mittlerweile eine Vielzahl anderer Kommunikationsaufgaben rund um IoT (Internet of Things) im Zug. Dazu zählen beispielsweise Reiseinformationssysteme oder die Fahrgastzählung, mit der sich die Auslastung eines Zuges anzeigen lässt. Aber auch Ortung, Echtzeitdiagnosen für Zugsysteme und Videosicherheit gehören dazu.
Die Deutsche Bahn bietet mit Colibri (Coach Link for Broadband Information Exchange) eine modulare Lösung für Verkehrsunternehmen an, die sämtliche Kommunikationsaufgaben abdeckt, einschließlich Support. Herzstück ist ein intelligenter High-Performance-PC von Kontron, der als Zentralrechner im Fahrzeug sämtliche Diagnose-, Kommunikations- und Überwachungsfunktionen in allen Bereichen des öffentlichen Verkehrswesens steuert.
„Bereits 2015 begann der Einbau von WLAN in Zügen, damit Fahrgäste unterwegs im Internet surfen können – das hat sich schnell zu einem ‚must have‘ entwickelt. Damals entstand Colibri, um das Spektrum weiter in Richtung Diagnose und Sicherheit auszubauen“, berichtet Catharina Schick, Referentin Marketing und Vertrieb für das Produktspektrum Colibri IT am Fahrzeug bei der DB Fahrzeuginstandhaltung.
Seit 2021 arbeitet Colibri jetzt mit dem Embedded- und IoT-Technologiespezialisten Kontron zusammen. Inzwischen sind fast 2.000 Systeme in Zügen und Bussen im Einsatz. Zur Auswahl stehen drei Zentralrechner-Varianten: ein 5G-Rechner, ein 4G/LTE-Rechner und eine „Rail WLAN only“-Option (eine Light-Variante mit drei LTE-Modems). Vor allem die 5G-Variante zeigt die innovative Ausrichtung, die den Reisenden zukünftig weitere Vorteile bietet, die durch die Features der 5G-Technologie ermöglicht werden.
Skalierbare Hardware für hohe Sicherheitsanforderungen
Die Sicherheitsanforderungen für Hardware in Schienenfahrzeugen sind besonders hoch, gerade was den Brandschutz und die Robustheit betrifft. Daher erfüllen alle Zentralrechner die Norm EN 50155. Die intelligenten High-Performance-PC bieten Kommunikationsoptionen wie WiFi, Gigabit Ethernet, 4G/5G-LTE oder GPS und bis zu vier 5G-Modems für externe Kommunikation, sowie eine eSIM-Option für einen schnellen und einfachen Provider-Wechsel und optional zwei austauschbare SSD-Speichermedien zum Beispiel für die Auswertung von Videodaten.Zudem arbeiten die Rechner in einem erweiterten Temperaturbereich von -40 bis +85 Grad. Der Verzicht auf bewegliche Teile wie Lüfter erhöht die Ausfallsicherheit signifikant und verlängert die mittlere Betriebsdauer (MTBF) deutlich.
Die Herausforderungen im Transportwesen unterliegen einem permanenten Wandel. Das gesamte Hardware-System-Konzept ist daher modular und skalierbar aufgebaut, sodass es an neue Aufgaben angepasst werden kann.
Embedded System für Retrofitting und Neufahrzeuge
Das eingebettete System umfasst nicht nur die Anwendung in Zügen, sondern lässt sich auch in anderen Transportsystemen wie Bussen sowie in Fahrkartenautomaten und elektrischen Ladesäulen nutzen. Eine einheitliche digitale Lösung für unterschiedliche Transportmittel, Ticketsysteme, Automaten und Terminals zu schaffen, ist eine Mammutaufgabe. Konfigurierbarkeit, Systemoffenheit und Herstellerunabhängigkeit spielen für die DB-Experten deshalb eine zentrale Rolle. Dieser Ansatz ermöglicht das Redesign älterer Fahrzeuge und die Entwicklung innovativer Systeme für Neufahrzeuge.
Das Konzept einer Systemplattform mit standardisierten Schnittstellen bietet ein hohes Maß an Flexibilität hinsichtlich der einsetzbaren Add-On-Cards verschiedener kabelgebundener, aber auch kabelloser Interfaces und Prozessormodule.
Seitens des unterstützten Betriebssystems ist die Systemlösung Linux-konform. Das Open-Source-Betriebssystem sorgt für ein hohes Maß an Offenheit. Es müssen aber auch Standards eingebunden werden, die aus der Industrie kommen, gerade wenn es um die Einbeziehung technischer Komponenten im Zug geht.